Potsdam. Die Naturschutzverbände NABU, BUND, NaturFreunde sowie deren
Jugendorganisationen und die Grüne Liga haben heute gemeinsam mit der Aurelia
Stiftung die Volksinitiative „Artenvielfalt retten – Zukunft sichern“
gestartet. Die Initiatoren erhalten dabei Unterstützung von einem wachsenden
Bündnis, darunter der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V., der VCD
Brandenburg und Omnibus für direkte Demokratie.
Anliegen der Volksinitiative ist es, dem durch zahlreiche Studien belegten dramatischen Artenschwund
bei Insekten, Feldvögeln, Amphibien und Pflanzen aktiv
entgegenzuwirken. Die Volksinitiative will Rahmenbedingungen für einen
verbesserten Schutz der Artenvielfalt in Brandenburg festlegen. Daher haben die
Initiatoren ihre wichtigsten Forderungen in konkrete Gesetzesvorschläge
einfließen lassen.
Initiatoren
fordern politische Kehrtwende für die Artenvielfalt
„Nur mit gesetzlichen Festlegungen können wir eine politische
Kehrtwende hin zu einer naturverträglichen Landwirtschaft in Brandenburg
schaffen“, sagt Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender des NABU Brandenburg.
„Bislang ist dies in der Landespolitik sträflich vernachlässigt worden – die
Quittung in Form des Artensterbens haben wir jetzt. So ist bei einst häufigen
Vögeln der Agrarlandschaft wie Stieglitz, Feldsperling oder Feldlerche ein dramatischer
Bestandsrückgang zu verzeichnen. Der beste Beitrag für den Erhalt der
Artenvielfalt ist eine andere Landwirtschaftspolitik.“.
Thomas Volpers, stellvertretender Landesvorsitzender des BUND
Brandenburg, weist darauf hin, dass drastische Verbesserungen für Natur und
Umwelt nötig sind, um das Artensterben zu stoppen und umzukehren: „Die
Erzeugung von Nahrungsmitteln darf nicht weiter auf Kosten von Boden, Wasser,
Klima, Biodiversität und Landschaft gehen. Wir fordern von der Landesregierung
ernst gemeinte Maßnahmen und eine Strategie, wie wir den Pestizideinsatz in der
Landschaft verringern können. Vor allem in Schutzgebieten muss der Einsatz von
Giften konsequenter verboten sein und die Gewässer müssen besser vor Pestizid-
und Düngereinträgen geschützt sein.“
“Die Forderungen unserer Initiative sind nicht nur für Bienen,
Insekten und Umwelt förderlich, sondern bringen auch endlich gesetzliche
Klarheit für Bäuerinnen und Bauern genauso wie für Imkerinnen und Imker. Das
interessenübergreifende Ziel ‚Artenschutz‘, welches Landwirtschaft, Imkerei und
Naturschutz eint, wird durch unsere Volksinitiative entschieden vorangebracht“,
sagt Johann Lütke Schwienhorst, Agrarreferent der Aurelia Stiftung, der selbst
Imker und gelernter Landwirt ist und sich mit Aurelia auch auf Bundes- und
Europaebene für Artenvielfalt und Pestizidreduktion einsetzt.
Studien sehen intensive
Landbewirtschaftung als Hauptursache für Artensterben
Zahlreiche
Studien belegen, dass die Ursachen für den Artenschwund in erster Linie der Einsatz
von Pestiziden und synthetischen Düngern, Monokulturen und fehlende Strukturen
wie Hecken, Tümpel, Blühstreifen und Ackerbrachen in der Landschaft sind. Jedes
Jahr stehen für die Förderung der landwirtschaftlichen Betriebe in Brandenburg
bis zu 500 Millionen Euro zur Verfügung. Nur ein kleiner Teil davon wird
aber für die Förderung des Naturschutzes in der Landwirtschaft eingesetzt. Das
Land Brandenburg hat als einziges Bundesland keine Agrarförderung für
Ackerflächen, die wirksam gegen das Artensterben eingesetzt wird. Dabei machen
Ackerflächen drei Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus.
Dazu
gehört auch, kleinteilige Strukturen in der Landschaft zu fördern: durch
mehrjährige, selbstbegrünende Brachen und Blühflächen, Hecken- und Saumstrukturen,
Kleingewässer oder Baumreihen lassen sich viele wichtige Rückzugsräume für
Insekten, Vögel und Kleinsäugetiere schaffen, vorhandene Biotope vernetzen und
große Monokulturflächen aufbrechen. Hierzu, so die Forderung der
Volksinitiative, soll das Land betriebsintegrierte Beratungen unterstützen,
damit Landwirte zielgerichtet Maßnahmen umsetzen können, die auf ihre
Betriebsflächen und in ihren Betriebsablauf passen. Naturschutzfachliche
Maßnahmen oder Mehraufwände für eine naturverträgliche Bewirtschaftung müssen
entsprechend ausreichend honoriert werden.
Auch die
Förderung des Ökolandbaus ist ein wichtiger Baustein zum Erhalt der
Artenvielfalt. Schon das Maßnahmenprogramm der derzeitigen Landesregierung
fordert einen Ausbau der ökologischen Landwirtschaft auf 20 Prozent der
Agrarfläche bis 2020. Von diesem Ziel ist Brandenburg mit nur 12 Prozent noch
weit entfernt.
Für die
Artenvielfalt sind Naturschutz- und FFH-Gebiete besonders wichtig. Das sind die
wertvollsten Naturschutzflächen in Brandenburg. Die Initiatoren fordern, dass
das Pestizidverbot in Naturschutzgebieten konsequent umgesetzt und auf
FFH-Gebiete erweitert wird. Auch der Einsatz von mineralischem Stickstoffdünger
soll untersagt werden. Der Schutz der Gewässer soll durch Gewässerrandstreifen,
in denen der Einsatz von Pestiziden, mineralischem Stickstoffdünger und Gülle
ausgeschlossen ist, deutlich verbessert werden. Wie schon in anderen
Bundesländern geregelt, soll die Breite des Gewässerrandstreifens 10 Meter
betragen.
Darüber
hinaus fordern die Initiatoren die Verminderung des Flächenverbrauchs, die
Förderung kommunaler Projekte zur pestizidfreien Bewirtschaftung öffentlicher
Flächen und Maßnahmen zur Minderung der Lichtverschmutzung.
20.000
gültige Unterschriften sind für den Erfolg der Volksinitiative in Brandenburg erforderlich.
Die Initiatoren erhoffen sich aber eine deutlich höhere Zahl und damit ein
starkes Signal an die Landesregierung. Die Unterschriften zur Volksinitiative
können innerhalb eines Jahres gesammelt werden. Jeder Brandenburger und jede
Brandenburgerin ab 16 Jahre ist unterschriftsberechtigt.
Die Forderungen der
Volksinitiative in Kurzfassung:
- Pestizidverbot in
Schutzgebieten: Der Pestizid-Einsatz muss in Naturschutz- und FFH-Gebieten
konsequent verboten werden, um wertvolle Lebensräume für gefährdete Tier- und
Pflanzenarten zu erhalten!
- Landeseigene Flächen
naturverträglich bewirtschaften: Brandenburg soll seine landwirtschaftlichen
Flächen vorzugsweise nach ökologischen Kriterien verpachten!
- Zehn Meter breite Gewässerrandstreifen:
Randstreifen an Gräben, Bächen und Kleingewässern verringern wirksam Einträge
von Pestiziden und Düngemitteln und schützen Gewässer und Böden!
- EU- und Landesgelder für eine
am Gemeinwohl orientierte naturnahe Landwirtschaft: Agrarsubventionen (in
Brandenburg jedes Jahr bis zu 500 Millionen Euro) müssen umwelt- und
klimagerecht u.a. für Blühflächen, Hecken und artenreiches Grünland eingesetzt
und Landwirte für den Mehraufwand entlohnt werden! Das Land muss den Ökolandbau
fördern und den Pestizideinsatz verringern.
- Weniger Pestizide,
Lichtverschmutzung und Flächenverbrauch: Das Land muss sich für pestizidfreie
Kommunen, eine Minderung der Lichtverschmutzung und eine nachhaltige
Siedlungsentwicklung einsetzen.
Informationen rund um die Volksinitiative und Unterschriftenlisten finden sich
auf Webseite der Volksinitiative www.artenvielfalt-brandenburg.de
Für Rückfragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Friedhelm Schmitz-Jersch, NABU-Landesvorsitzender, Tel: 0171 – 366
74 69
Thomas Volpers, stellvertretender BUND-Landesvorsitzender, Tel:
0162 – 177 23 86
Johann Lütke Schwienhorst, Agrarreferent Aurelia-Stiftung, Tel.:
0157 – 822 01 015